Liebe Gemeinde,

die neue Pfarrei, die die Rechtsnachfolge der Pfarreien „St. Peter und Paul“ Nauen und „St. Marien“ Brieselang antritt, trägt den Namen „St. Bonifatius“. Wenn gefragt wird, wie diese Pfarrei zu ihrem Namen gekommen ist, dann wird erzählt, dass die Pastoralaus-Schuss Sitzung, in der über den Namen der neuen Pfarrei gesprochen werden sollte, an einem 05. Juni einberufen worden ist. Bei der Frage nach dem neuen Namen schaute man in den Heiligenkalender und entdeckte, dass dieser Tag der Gedenktag des heiligen Bonifatius ist. Bonifatius als Apostel der Deutschen und Missionar für den Glauben in Mitteleuropa – eine gute Wahl für eine Region, in der wir Katholiken in der Minderheit sind. Die Entscheidung für dieses Patronat soll schnell getroffen worden sein. Ich bezweifle aller-dings, dass man sich diesen Patron ausgesucht hat; ich habe eher den Eindruck, dass sich dieser Heilige als Patron angeboten hat mit seiner Lebensgeschichte als Geschenk und Programm für die Mit-glieder der Kirche hier vor Ort.

Dabei sind nicht seine Lebensereignisse Programm, sondern die Grundlagen, die dahinter liegen. Der heilige Bonifatius ist um 672 / 675 in Südengland geboren. Seine schulische Ausbildung und Prä-gung erfuhr er in den Benediktinerklöstern Exeter und Nursling; er entschied sich, selbst Benediktiner zu werden. Am Beginn seines missionarischen Lebens stand so die Formung der eigenen Überzeugung und die Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensfundamenten. Dabei hatte er die Hilfen zur Verfügung, die uns auch heu-te noch zur Verfügung stehen: die Feier der Liturgie und der Sakramente, die heilige Schrift und andere auch wissenschaftliche Texte, Menschen, die in der Diskussion, ihre Meinungen bilden, und miteinander aus dieser Diskussion die Entscheidungen ihres Lebens schlussfolgern.

Auch wenn er Benediktiner war entdeckte er doch, dass das klösterliche Leben ihn nicht voll ausfüllte. Er ging nach Friesland und fand dort seine Berufung zur Glaubensverkündigung.

Damit hatte er seine Formung erhalten und seine Lebensaufgabe gefunden. Bevor er allerdings seiner Berufung nachging ließ er sich seinen Weg bestätigen und sich zu diesem Beauftragen. Dazu ging er nach Rom, wo Papst Gregor II. ihm am 15.05.719 den Namen Bonifatius für seinen neuen Lebensabschnitt gab und ihm den Missionsauftrag erteilte. Wegen dieses Ereignisses und weil der 05.06 in diesem Jahr Pfingstsonntag ist, ist der 15.05.22 als Tag der Gründungsfeier der neuen Pfarrei ausgewählt worden.

Für einige Monate unterstützte er andere Missionare in Thüringen und Friesland in ihrem Wirken; ab dem Jahr 721 führte er die Mission eigenständig im Raum des heutigen Hessen. Dabei verkündete er nicht nur den Glauben sondern bildete für die Menschen auch jene kirchlichen Strukturen mit Bistumsgründungen, in denen sie ihren Glauben leben und vertiefen konnten. Sein Leben, das er 754 in Dokkum als Martyrer vollendete, legte damit die Grundlagen für das christliche Leben in Mitteleuropa und hinterließ ein Programm für jeden, der missionarisch tätig sein will: für jeden Missionar ist seine eigene Persönlichkeit das Werkzeug seiner Verkündigung. Wer verkünden will muss vom Wort Gottes geformt sein. Wer er-kennt, dass er in der Mission seinen Lebensinhalt findet, muss seine Charismen von der Kirche prüfen und sich von ihr bestätigen lassen. Mit dieser Bestätigung und mit dieser Rückbindung verkündet jeder nach bestem Wissen und Gewissen unseren gemeinsamen Glauben an dem Ort, wo Gott ihn hinstellt.

Möge der heilige Bonifatius helfen, dass die Menschen in unserer Pfarrei ihren Glauben an unseren Gott finden und von ihm geprägt verkünden.

 

IHR PFARRER BERNHARD SCHLOSSER